Ziegen hütenden Kindern erscheint bei der Ringgenberger-Brücke an hohen Fest- und Feiertagen in stiller Frühe ein Mädchen von fast überirdischer Schönheit, mit Augen so blau und so rein, wie der Aether des Himmels.
Vor ihr liegen drei lilienweiße Tücher; auf dem Einen ein Goldstück, auf dem Andern Kupfermünzen, auf dem Dritten Seile ausgebreitet.

 

Sprachlos staunen die Kinder die fremde Erscheinung an, aber ihr gütiger Blick bannt die Furcht der Kleinen; die Holde heißt sie unter den auf den Tüchern ausgebreiteten Sachen auswählen.

 

Die Kinder greifen sonderbarerweise oft nach den Seilen, nach den Schicksalsfäden der spinnenden Nornen, und daher sind die Frauen von Trons und Ringgenberg so unermüdliche Spinnerinnen und so gute Haushälterinnen geworden.

 

 

 

so in alter Orthographie bei:
Jecklin, Dietrich, Volksthümliches aus Graubünden (GA) , Sprecher, Eggerling & Co, Chur, 1916, Nr. xx, S. xx f.